junge Welt vom 15.07.2005 |
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Inland |
Ein Stück vom Kuchen
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BRD-Unternehmer bereiten Beutezug im Irak vor. Deutsch-Irakische
Wirtschaftskonferenz tagt kommende Woche in München
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Nick Brauns |
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Glänzende Gewinnaussichten rechnen sich führende deutsche
Unternehmen im besetzten Irak aus. Es sei zu erwarten, daß sich das Land zum
größten Wachstumsmarkt der Region entwickle, sobald der eingeschlagene
Reformkurs erfolgreich sei, verkündete die Industrie- und Handelskammer für
München und Oberbayern im Vorfeld der zweiten Deutsch-Irakischen
Wirtschaftskonferenz. Vom 18. bis 20. Juli organisiert der Deutsche Industrie- und
Handelskammertag unter der Schirmherrschaft des Bundeswirtschaftsministers
die hochkarätig besetzte Konferenz in München. Zur Eröffnung wird neben
Bundeskanzler Gerhard Schröder auch der neue irakische »Ministerpräsident«
Ibrahim Al Dschaafari erwartet. Außerdem sind von der irakischen
Lakaienregierung Minister der Bereiche Landwirtschaft, Wasserversorgung,
Handel, Industrie und Elektrizität als Referenten angekündigt. Position ausbauen Die Deutsch-Irakische Wirtschaftskonferenz geht auf das Treffen zwischen
Bundeskanzler Gerhard Schröder und dem ehemaligen irakischen »Regierungschef«
Ijad Allawi im Dezember vergangenen Jahres zurück. Ziel ist es, die
Positionen deutscher Firmen im Irak auszubauen. So fand Anfang Februar im
Vorfeld der Münchner Sicherheitskonferenz bereits eine
»Finanzierungskonferenz Mittelost-Nordafrika« und im April in Berlin die
erste Deutsch-Irakische Wirtschaftskonferenz statt. Zu den Trägern der Veranstaltung gehört auch die vom Bundesverband der
Deutschen Industrie, dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag, dem
Bundesverband des Deutschen Groß- und Außenhandels, dem Nah- und
Mittelost-Verein, dem Afrika-Verein und dem Bundesverband Deutscher Banken
gebildete »Nordafrika-Mittelost-Initiative der Deutschen Wirtschaft« (NMI).
Die Besetzung des NMI-Präsidiums mit Vertretern führender Finanzinstitute und
Unternehmen wie Deutscher Bank, Commerzbank, Dresdner Bank, Siemens,
DaimlerChrysler und MAN verdeutlicht die Bedeutung der Stoßrichtung Mittelost
für das deutsche Großkapital. Bereits im vergangenen Jahr haben die deutschen Exporte in den Irak nach
einer Meldung der Financial Times Deutschland mit 370 Millionen Euro fast das
Vorkriegsniveau erreicht. Für 2005 und die Folgejahre rechnen
Wirtschaftsverbände mit einer sprunghaften Nachfrage nach deutschen
Wirtschaftslieferungen in den Irak. Perspektivisch könne der irakische Markt
sogar den das Nachbarlandes Iran übertreffen, des bisherigen Spitzenreiters
für deutsche Importe im Nahen und Mittleren Osten. Freiheit fürs Kapital Was von der Industrie- und Handelskammer als Hilfe »beim Aufbau stabiler,
demokratischer Verhältnisse« ausgegeben wird, ist in Wirklichkeit Teil des
von den Besatzern eingeleiteten Beutezuges. »Heute können ausländische
Unternehmen und Investoren außerhalb des Ölsektors wieder bis zu 100 Prozent
einer irakischen Firma erwerben und ohne besondere rechtliche Einschränkungen
Handelsvertretungen im Irak gründen. Auch Gewinne können frei ins Ausland
transferiert werden«, jubeln die Vertreter der IHK. Grundlage dafür ist der
vom US-Statthalter Paul Bremer im September 2003 beschlossene Erlaß Nummer 39
zur Schaffung einer »freien und offenen Marktwirtschaft«. Einzige Ausnahme
sind Investitionen im Erdöl- und Erdgasgeschäft sowie bei Banken und
Versicherungen. Diese Filetstücke behalten sich die anglo-amerikanischen
Besatzer ausdrücklich zur eigenen Verfügung vor. Ein Ende Juni in Istanbul durchgeführtes Internationales Irak-Tribunal hat
diese dem Land von den Besatzern auferlegte Wirtschaftspolitik als illegale
ökonomische Kolonisation verurteilt. Auch irakische Gewerkschaften
mobilisieren inzwischen gegen die Privatisierung des öffentlichen Sektors und
den Ausverkauf der Reichtümer des Landes an ausländische Unternehmen. * »Irak: Zerstört – besetzt – geplündert! Privatisierung und Ausverkauf
der irakischen Wirtschaft unter der Besatzungsherrschaft.« Veranstaltung in
München mit jW-Autor Joachim Guilliard, heute um 19.30 Uhr, EineWeltHaus,
Schwanthalerstraße 80 |
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