Konsequente Friedenspolitik heißt Kampf für den Sozialismus



Liebe Genossinnen und Genossen,

 als Mitunterzeichner des Appells „Schluss mit Unterwürfigkeiten“ wurde ich von den Gen. Ellen Brombacher und Anton Latzo von der Kommunistischen Plattform der PDS gebeten, kurz zu schreiben, was mir „konsequente Friedenspolitik der PDS“ bedeutet.  Hier meine Antwort:

Eine konsequente Friedenspolitik muss von der Erkenntnis Karl Liebknechts ausgehen: Der Hauptfeind steht im eigenen Land – es ist der deutsche Militarismus und Imperialismus.

Konsequente Friedenspolitik bedeutet, für die Auflösung aller imperialistischer Militärbündnisse einzutreten. Wir müssen uns hüten, im Kampf gegen den US-Imperialismus lediglich alternative Strategien für den deutschen Imperialismus vorzubereiten – egal, ob diese in neuerlichen Alleingängen oder der Einbindung in ein europäisches Militärbündnis bestehen. Wer von der NATO spricht, darf folglich von der WEU nicht schweigen.

Eine konsequente Friedenspolitik muss nicht nur Auslandseinsätze der Bundeswehr ablehnen (egal ob unter deutschem, NATO- oder UNO-Mandat). Sie muss sich auch gegen den Gedanken der sogenannten Vaterlandsverteidigung wenden, denn konsequente Friedenspolitik bedeutet revolutionärer Defätismus: „Die revolutionäre Klasse kann in einem reaktionären Krieg nichts anderes, als eine Niederlage der eigenen Regierung wünschen, sie kann den Zusammenhang zwischen militärischen Misserfolgen und der Erleichterung ihrer Niederringung nicht übersehen“. (Lenin)

Eine konsequente Friedenspolitik strebt die Auflösung der Bundeswehr an. Die Umwandlung der Bundeswehr in eine Berufsarmee ist prinzipiell abzulehnen, da dies nur ein weiterer Schritt in Richtung einer Putscharmee des Kapitals und weltweit einsetzbaren Interventionstruppe darstellt. In der Tradition von Wilhelm Liebknecht und Friedrich Engels treten Sozialisten für eine Milizarmee, für die allgemeine Volksbewaffnung ein. „Eine unterdrückte Klasse, die nicht danach strebt, die Waffen handhaben zu lernen und Waffen zu besitzen, ist nur wert, als Sklave behandelt zu werden.“ (Lenin)

Konsequente Friedenspolitik setzt den vollständigen Bruch mit denjenigen Mitgliedern und Mandatsträgern, die sich für imperialistische Kriegseinsätze aussprechen sowie den Ausstieg aus parlamentarischen Koalitionen mit Kriegsparteien voraus.

Eine konsequente Antikriegspolitik beschränkt sich nicht auf das „nein“ im Parlament, sondern organisiert den Widerstand auf der Straße, im Betrieb, in der Uni und in den Kasernen. Nicht individuelle Kriegs­dienstverweigerung, sondern Massenproteste und Massenstreiks gegen den Kriegskurs sind die richtige Gegenwehr.

Eine konsequente Friedenspolitik muss sich vor pazifistischen Illusionen hüten. Während alle friedliebenden Menschen ungeachtet ihrer Weltanschauung willkommene Bündnispartner im Kampf gegen Hochrüstung und Krieg sind, müssen Sozialisten ständig herausstellen, dass Kapitalismus und Imperialismus die Ursachen des Krieges sind und nur ihre Beseitigung und Ersetzung durch eine sozialistische Staatengemeinschaft die Basis für eine dauerhafte Friedensordnung legen kann. „Pazifismus und abstrakte Friedenspredigt sind eine Form der Irreführung der Arbeiterklasse. Im Kapitalismus und insbesondere in seinem imperialistischen Stadium sind Kriege unvermeidlich.“ (Lenin). Konsequente Friedenspolitik heißt daher konsequentes Eintreten für den Sozialismus.

 Wie unschwer zu erkennen ist, hat sich die PDS-Führung unter der passiven Duldung weiter Teile der Parteibasis schon lange von den Grundsätzen marxistischer Friedenspolitik verabschiedet beziehungsweise diese niemals konsequent vertreten.

Der Auflösung der NATO wird nicht mehr mehrheitlich akzeptiert. Und viele von denen, die noch den Austritt Deutschlands aus der NATO befürworten, machen sich gleichzeitig stark für ein alternatives, gegen die USA gerichtetes europäisch-russisches Militärbündnis, das lediglich eine alternative Strategie für den deutschen Imperialismus bedeutet würde.

Mit der im Bundestagswahlprogramm geäußerten Forderung nach einer Berufsarmee hat die PDS sich zudem eine vollständig konterrevolutionäre, gegen die Werktätigen gerichtete Forderung zu eigen gemacht, die nicht zufällig in ähnlicher Vehemenz nur noch von der FDP vertreten wird.

Da die PDS-Führung Mitregieren als Selbstzweck betrachtet und für den anvisierten Koalitionspartner SPD die Zustimmung zu Kriegseinsätzen der Bundeswehr die Eingangshürde für Regierungsbündnisse auf Bundesebene darstellen, ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis die PDS-Führung auch in der Frage Krieg und Frieden vollständig umkippen wird. Da ich persönlich eine solche Politik nicht mittragen will, bin ich am 10.Mai 2002 nach fünfjähriger Mitgliedschaft aus der PDS ausgetreten.

 

Nick Brauns, Marxistischer Arbeitskreis München

veröffentlicht in: junge Welt Juni 2002