Nikolaus Brauns
Proletarische
Klassensolidarität - Die Stellung der Roten Hilfe innerhalb der deutschen
Arbeiterbewegung
Die Rote Hilfe Deutschlands definierte sich gemäß ihrem
Statut als „eine überparteiliche Hilfsorganisation zur Unterstützung
[...] der proletarischen Klassenkämpfer, die wegen einer aus politischen
Gründen begangenen Handlung oder wegen ihrer politischen Gesinnung in Haft
genommen sind“, sowie „der Frauen und Kinder von inhaftierten, gefallenen oder
invaliden Klassenkämpfern des Proletariats“.[1]
Während Historiker in der DDR diese selbstproklamierte
Überparteilichkeit der Roten Hilfe Deutschlands grundsätzlich als gegeben
annahmen, wurde die RHD – soweit ihre Existenz überhaupt zur Kenntnis genommen
wurde - von nichtmarxistischen Wissenschaftlern in der Regel als rein
kommunistische Frontorganisation gewertet.[2] Dass
beide Annahmen zu kurz greifen und dem spezifischen Charakter und der Rolle der
Roten Hilfe innerhalb der deutschen Arbeiterbewegung nicht gerecht werden, soll
der folgende Überblick belegen.
Zusammensetzung der Mitgliedschaft
Ein wichtiges Indiz für die Parteilichkeit oder
Überparteilichkeit der Roten Hilfe ist die Zusammensetzung ihrer Mitgliedschaft
und ihres Kaders. Der generelle Trend der Mitgliederentwicklung wurde schon im
ersten Jahr nach der Gründung der Roten Hilfe Deutschlands erkennbar. Einem
großen Anteil von Kommunisten stand ein wachsender Block parteiloser Mitglieder
gegenüber, während Sozialdemokraten, Anhänger bürgerlicher Parteien sowie
Anarchisten und andere Linksradikale eine marginale Größe blieben. Waren Anfang
1925 noch zwei Drittel der Mitglieder Kommunisten, so wuchs der Anteil
parteiloser Mitglieder bis Ende des Jahres auf 45% an. 1931 standen 119.000
Kommunisten über 185.000 Parteilosen gegenüber und Anfang 1932 entsprachen
209.254 parteilose Mitglieder 61%, während 131.291 Kommunisten 38,5%
ausmachten.[3] Die Zahl offiziell
bekannter sozialdemokratischer Mitglieder ging niemals über rund 2.000, also
etwa ein Prozent hinaus.[4] Im
Promillebereich bewegten sich die wenigen Hundert Mitglieder bürgerlicher
Parteien.[5] Dies
hinderte die Rote Hilfe nicht, diese Mitgliedergruppen zum Beweis ihrer
Überparteilichkeit weiterhin gesondert aufzuführen. Es ist allerdings davon
auszugehen, dass sich unter der Masse der parteipolitisch unorganisierten
Mitglieder noch etliche Anhänger der SPD oder anarcho-syndikalistischer
Strömungen befanden, die ihre Organisationszugehörigkeit verschwiegen, da es
in ihren Organisationen Unvereinbarkeitsbeschlüsse mit der Roten Hilfe gab.
Erfolgreich war die Rote Hilfe in der Heranziehung
parteiloser Mitglieder zu Funktionärsaufgaben. Machten parteilose Funktionäre
1930 um die 30% aus, so bildeten sie 1932 mit 51,2% gar eine knappe Mehrheit
vor den kommunistischen Funktionären.[6] Hier
handelte es sich freilich um Basisaktivisten in den Ortsgruppen und
Straßenzellen. Auf Bezirksebene oder gar im Zentralvorstand blieben die Posten
fest in kommunistischer Hand.[7]
Dem Anspruch der Überparteilichkeit wurde die Rote Hilfe also
weniger durch die verschwindend geringe Zahl von Mitgliedern
nichtkommunistischer Parteien, als durch die große Masse parteipolitisch
ungebundener Mitglieder gerecht. Von den Wendungen ihrer Parteiführung
verdrossene ehemalige KPD-Mitglieder oder Sozialdemokraten, die von der staatstragenden
Rolle ihrer Partei abgestoßen die SPD verlassen hatten, gehörten ebenso dazu,
wie Jungarbeiter, die sich vom praktischen Anspruch der Hilfsorganisation
angesprochen fühlten. Gerade während des latenten Bürgerkriegs am Vorabend der
NS-Machtübernahme konnte auch ein eigentlich unpolitischer Arbeiter schnell mit
politischer Gewalt und staatlicher Verfolgung konfrontiert werden. Mit ihren
Rechtsberatungsstellen konnte die Rote Hilfe dann ihre Daseinsberechtigung ohne
Mühe beweisen, auch wenn der Betroffene der Politik der KPD noch fern stand.
Dass auf diese Weise auch neue Mitglieder für die KPD gewonnen wurden, zeigen
die Erfahrungen einzelner Berliner Bezirke, in denen 70 Prozent der neuen
Parteimitglieder aus der Roten Hilfe oder dem Roten Frontkämpferbund kamen.[8]
„Kommfraktionen“ und Einheitsfrontpolitik
Da die Mitgliederorganisation der Roten Hilfe Deutschlands im
Oktober 1924 aus den im Frühjahr 1921 gegründeten Rote-Hilfe-Komitees der KPD
entstand, ist ein hoher Anteil kommunistischer Mitglieder und Funktionäre nicht
verwunderlich. Ein Parteitagsbeschluß verpflichtete zudem alle Mitglieder der
KPD zum Eintritt in die Rote Hilfe und zur Zahlung eines monatlichen Beitrages
von 10 Pfennig. Parteiangestellte mussten 10% ihres Gehalts an die Hilfsorganisation
abführen, und ein Beschluss der Geschäftsführerkonferenz verpflichtete die
Verleger der kommunistischen Parteipresse dazu, für jeden Abonnenten monatlich
10 Pfennig weiter zu leiten.[9] In
der Praxis wurden diese Beschlüsse allerdings nur halbherzig umgesetzt.
Lediglich rund die Hälfte aller KPD-Mitglieder gehörten
zugleich der Roten Hilfe an.[10]
Um einerseits den kommunistischen Einfluss zu sichern und
andererseits nach außen hin den Eindruck der Überparteilichkeit zu wahren,
griff die KPD in „sympathisierenden Massenorganisationen“ wie dem Roten
Frontkämpferbund oder der Roten Hilfe Deutschlands auf das Mittel
kommunistischer Fraktionen zurück. Angeleitet wurden die Orts- und
Bezirksfraktionen, denen sämtliche KPD-Mitglieder innerhalb der Roten Hilfe
verpflichtend angehörten, von einer Reichsfraktion der Kommunisten, die dem ZK
der KPD unterstand.[11]
Auf ihrem XI. Parteitag im März 1927 beschäftigte sich die
KPD ausführlich mit dem Verhältnis der Kommunisten zu den proletarischen
Massenorganisationen. „Diese breiten Massen, die in die überparteilichen
Organisationen hineinströmen, sind keine Kommunisten. Es ist unsere Aufgabe,
sie erst für den Kommunismus und die Kommunistische Partei zu gewinnen,“[12]
erläuterte der Zentralsekretär der Roten Hilfe Jacob Schloer.
„Man muss diesen Organisationen ein selbständiges Leben ermöglichen. Man muss
aber auch gleichzeitig dafür sorgen, dass die in diesen Organisationen tätigen
Kommunisten verstehen, die Führung zu behalten. Es ist zweifellos richtig, dass
wir als Kommunistische Partei die Führung in allen überparteilichen
Organisationen erhalten müssen, wenn sie im Interesse der Klasse, im Interesse
der Revolution arbeiten sollen. Unsere Genossen werden das erreichen, wenn sie
überall durch ihre Kleinarbeit beweisen, dass sie die Aufgaben am besten zu
erfüllen verstehen. Dabei dürfen sie natürlich die kommunistischen Grundsätze
nicht preisgeben.“[13]
Ebenso wie die Gründung des Roten Frontkämpferbundes und der
Internationalen Arbeiterhilfe fiel die Gründung der Roten Hilfe als
Mitgliederorganisation in die Zeit des unter der Parteivorsitzenden Ruth
Fischer[14]
eingeschlagenen Linkskurses der KPD. Durch eine Einheitsfronttaktik von unten
sollten die werktätigen Massen für den Kommunismus gewonnen und der „verräterische“ Charakters der SPD-Führung entlarvt werden.
Obwohl gerade die Rote Hilfe als Instrument zur Herstellung der Einheitsfront
„von unten“ prädestiniert war, integrierte die KPD erst mit zeitlicher
Verzögerung diese Organisation jenseits ihrer spezifischen Aufgaben in das
weitere Konzept der Einheitsfrontpolitik.[15]
Wie schon der Titel „Sozialdemokraten, parteilose Arbeiter
und die Rote Hilfe“ des als Broschüre gedruckten Tagungsberichts zeigt, stand
die Zweite Reichskonferenz der Roten Hilfe im Mai 1927 ganz im Zeichen der
Einheitsfrontpolitik. Diese Politik sei notwendig „wie die Luft zum Leben, um
der Front des Kapitalismus die rote Front des Proletariats entgegenzusetzen“[16],
erklärte der RHD-Vorsitzende Wilhelm Pieck schon in seiner Begrüßungsrede.
Demonstrativ wurde der wegen seines Engagements für die Rote Hilfe aus der SPD
ausgeschlossene Ferdinand Schreck in den Vorstand des Kongresses und
anschließend in den Zentralvorstand gewählt. Der nach einer Delegationsreise in
die Sowjetunion aus der SPD ausgeschlossene Münchner Xaver Freiberger gehörte
zu den Beisitzern des Präsidiums.[17] Ein
Vertreter der kollektiv der Roten Hilfe angeschlossenen Treptower Teppichfabrik
Faibisch betonte die Notwendigkeit, auch christliche
Arbeiter für die Hilfsorganisation zu gewinnen.[18]
„Die Rote Hilfe ist eine Organisation der Einheitsfront des
kämpfenden Proletariats zum Kampf gegen Faschismus, Polizei und Justizterror“[19],
hieß es in einer politischen Resolution des Zentralvorstandes im Sommer 1931.
„Zu ihrer Aufgabe gehört im Besonderen das Herantreten und die Gewinnung
sozialdemokratischer, christlicher und parteiloser Arbeiter, sowie auch der
Nazi-Proleten, um sie dem Einfluss der arbeiterfeindlichen Führungen dieser
Organisationen zu entreißen.“[20] Dies
blieb Wunschdenken. Sozialdemokratische Arbeiter waren lediglich marginal in
der Roten Hilfe vertreten, und Erfolge beim Werben um Zentrums-Arbeiter oder
„Nazi-Proleten“ blieben völlig aus.
Strömungskämpfe
Ende der 20er Jahre griffen Strömungskämpfe, die innerhalb
der Sowjetunion ausgebrochen und über die Komintern auf die einzelnen
kommunistischen Parteien übertragen wurden, auch auf die Rote Hilfe über. Für
die Anhänger des 1924 abgesetzten KPD-Vorsitzenden Heinrich Brandler, aber auch
für linke Kritiker der Thälmann-Politik wie dem Leninbund hatte die Rote Hilfe
als Rückzugsraum gedient, in dem sie durch basisnahe Aktivitäten versuchten,
das Vertrauen der KPD-Basis zu gewinnen.[21] Das
ZK der KPD beschuldigte nun verschiedene Funktionäre, ihre Posten in der Roten
Hilfe zum Fraktionskampf gegen die KPD auszunutzen. Mit er Begründung, „es
dürfen nur diejenigen Genossen Funktionen bekleiden, die bereit sind, in der
Roten Hilfe aktiv gegen alle Genossen zu kämpfen, die nicht hundertprozentig
auf der Linie des ZK der KPD stehen“,[22]
forderte Walter Ulbricht im Namen des Politbüros der KPD den Rücktritt von vier
hauptamtlichen RHD-Sekretären, die der „rechten“ KPD-Opposition angehörten. Da
diese dem Rücktrittsbeschluss der KPD-Führung nicht nachkamen, rief Wilhelm
Pieck als Vorsitzenden der RHD am 8.März 1929 eine außerordentliche
Vorstandssitzung der Roten Hilfe ein, auf der eine Mehrheit die Abberufung Schloers und weiterer Mitglieder des Zentralsekretariats
sowie deren Ersetzung durch loyal zum ZK der KPD stehende Personen billigte.[23] Einen
Monat später beschloss der Zentralvorstand den Ausschluss des ehemaligen
Zentralsekretärs und dreier weiterer Mitglieder des Zentralsekretariats, dreier
Mitglieder des Zentralvorstandes sowie von Mitgliedern und Sekretären aus vier
Bezirksvorständen wegen „Verstoßes gegen die Überparteilichkeit der Roten Hilfe
und schwerer Schädigung der Organisation“ aus der Roten Hilfe.[24] Nun
rollte eine Säuberungswelle gegen einfache Anhänger der KPD-Opposition an.
Ganze Ortsgruppen wurden aufgelöst und Bezirke gespalten, wenn es nicht gelang,
die Oppositionellen zu isolieren.[25]
Die Übertragung der Linienkämpfe der KPD auf die Rote Hilfe
stürzte die Organisation in eine schwere Krise. Im Jahr 1929 wurde ein Verlust
von 19.300 ausgeschlossenen und ausgetretenen Mitgliedern verzeichnet.[26] Vor
allem in den Augen parteiloser Arbeiter und linker Intellektueller hatte die
Rote Hilfe viel von ihrer Glaubwürdigkeit als überparteiliche Organisation
eingebüßt. Ein Großteil derjenigen Prominenten, die bisher im Kuratorium für
die Kinderheime oder sogar im Zentralvorstand der Roten Hilfe tätig waren,
wandte sich enttäuscht ab.
Internationale Hilfsvereinigung
Als Auffangbecken für die aus der Roten Hilfe
ausgeschlossenen Funktionäre diente ein bis dahin weitgehend inaktiver Berliner
„Hilfsverein für notleidende Frauen und Kinder politischer Gefangener“, der
1924 von der Liga für Menschenrechte gegründet worden war.[27] Auf
ihrer Generalversammlung beschlossen die Mitglieder des Hilfsvereins im
Dezember 1929 die Umbenennung in „Internationale Hilfsvereinigung“ (IHV).[28]
Während das Präsidium weitgehend aus unabhängigen Persönlichkeiten gebildet
wurde, die zuvor schon dem Kuratorium für die Kinderheime der Roten Hilfe
angehört hatten, lag der Apparat der IHV fest in den Händen von Funktionären
der KPD-O, die bereits in der Führung der Roten Hilfe tätig waren.[29] So übernahm der ehemalige Zentralsekretär der
Roten Hilfe Jacob Schloer den Vorsitz.[30]
Die Bedeutung der IHV, die im Mai 1930 über gerade einmal 21
Ortsgruppen verfügte, war niemals mit derjenigen der Roten Hilfe zu
vergleichen.[31] Eine wichtige Rolle
spielte sie allerdings für Anhänger kommunistischer Randgruppen, die als
angebliche „Brandler-Faschisten“ oder „Trotzkisten“ keine Hilfe von der Roten
Hilfe bekamen. Mit der Begründung, „Jurr ist ein
Sozialfaschist“, der „im Zuchthaus verrecken“ möge, verweigerte die Rote Hilfe
beispielsweise dem wegen Hochverrats zu einem Jahr Zuchthaus verurteilten
ehemaligen Führer der Roten Jungfront Werner Jurr die
Unterstützung. [32]
Wahlkämpfe
Bei Wahlkämpfen im Landes- oder Reichsmaßstab intervenierte
die Rote Hilfe regelmäßig mit der Losung für die Vollamnestie aller politischen
Gefangenen, aber auch der mit Forderung nach einem freiheitlichen Asylrecht,
dem Kampf gegen „weißen Terror“ und Faschismus, gegen die Verfolgung der
Arbeiterorganisationen, für eine Reform des Strafvollzugs, die Wahl der
Gefangenenbeiräte durch die Arbeiterorganisationen.[33]
Entsprechend ihres überparteilichen Anspruches verzichtete
die Rote Hilfe in den zwanziger Jahren auf verbindliche Wahlempfehlungen.[34]
Allerdings wies Jacob Schloer, der
RHD-Zentralsekretär, anlässlich der Reichstagswahl im Mai 1928 darauf hin, dass
die Rote Hilfe lediglich von den Kommunisten die vollste Unterstützung erhalten
habe, während die SPD-Führung die Rote Hilfe bekämpfe. „Wenn die Roten Helfer
am 20.Mai ihren Stimmzettel in die Wahlurne werfen, dann soll dieser
Stimmzettel gleichzeitig eine Zensur sein, die sie den Parteien für ihre
bisherige Haltung gegenüber der Roten Hilfe und ihren Aufgaben ausstellen.
Unter diesen Umständen dürfte es den Roten Helfern nicht schwer fallen, die
richtige Entscheidung zu treffen.“[35]
Im Zuge der Übertragung von Fraktionskämpfen der KPD auf die
Rote Hilfe waren 1929 die Gegner der Thälmann-Politik um Jacob Schloer aus der Führung der Roten Hilfe verdrängt worden.
Von nun an trat die „überparteiliche“ Rote Hilfe offen als Frontorganisation
der KPD auf. Da sie „keine neutrale, sondern eine überparteiliche proletarische
Massenorganisation ist“[36],
forderte die Rote Hilfe im September in ihrem Zentralorgan Tribunal:
„Hunderte ermordete Arbeiter-Opfer des Polizei- u. Naziterrors mahnen: Wählt
Kommunisten Liste 4“.[37] In der selben Nummer der Zeitung gab Wilhelm Pieck für die Rote
Hilfe die KPD-Wahllosung „Gegen Young-Deutschland, Massenelend und Faschismus,
für ein sozialistisches Deutschland“ aus. [38]
Mit der notwendigen Geschicklichkeit veranlassten die
kommunistischen Fraktionen innerhalb der Gliederungen der Roten Hilfe
parteilose Mitglieder zu Stellungnahmen zu Gunsten der KPD. So sprachen sich
parteilose Mitglieder in den einzelnen Bezirken dafür aus, Gelder der Roten
Hilfe für die Wahlfonds der KPD zu spenden.[39] Auch
bei den folgenden Wahlkämpfen zum Reichstag und Reichspräsidenten betätigte
sich die Rote Hilfe als Wahlhelfer der KPD und ihres Kandidaten Ernst Thälmann.[40]
Sozialdemokratische Sabotage, Sozialfaschismus-Vorwurf und
Rote Einheitsfront
Im Gegensatz zu anderen KPD-nahen Massenorganisationen wie
der Jugendorganisation KJVD oder dem Rote Frontfrontkämpferbund gab es zur
Roten Hilfe kein sozialdemokratisches Pendant.[41]
Aufgrund ihres republikanischen Selbstverständnisses sah die SPD keine
Notwendigkeit zum Aufbau einer Organisation zur Unterstützung politischer
Gefangener in Deutschland, deren Mehrzahl schließlich unter der Anschuldigung
des Landfriedensbruchs, Hochverrats oder gar des bewaffneten Aufstandes gegen
die Republik verurteilt worden war. Erst in Folge der bürgerkriegsähnlichen
Auseinandersetzungen Anfang der 1930er Jahre befand sich auch eine Anzahl
sozialdemokratische Reichsbannermänner unter der großen Zahl nach gewaltsamen
politischen Auseinandersetzungen inhaftierter Arbeiter.
Gegenüber der Roten Hilfe verhielt sich die Führung der SPD
von Anfang an feindlich. Die Komitees der Roten Hilfe „leiden schwer unter der
Sabotage, die gegen sie von der USPD und der SPD in den Betrieben und
Werkstätten verübt wird“, meldete der Bremer Staatskommissar zur Überwachung
der Öffentlichen Ordnung Ende Mai 1921. „Diese beiden Parteien warnen ihre
Mitglieder öffentlich vor der Beteiligung und haben ihren Vertrauensleuten die
Annahme von Sammellisten der `Roten Hilfe´ untersagt.“[42] Das
Sekretariat der Sozialistischen Arbeiterinternationale (SAI), dem
sozialdemokratischen Gegenstück zur Komintern, wies seine Mitgliederparteien an,
die Zugehörigkeit von Sozialdemokraten zur Internationalen Roten Hilfe als
unvereinbar mit der Zugehörigkeit zur Sozialdemokratischen Partei zu erklären.[43] Ohne
die Rote Hilfe namentlich zu nennen, hatte die SPD einen generellen
Unvereinbarkeitsbeschluss mit kommunistischen Organisationen erlassen. Dass die
Rote Hilfe als eine „kommunistische Kampforganisation gegen die
Sozialdemokratie“ betrachtet wurde, daran ließ die sozialdemokratische Presse
keinen Zweifel.[44] Immer wieder wurden
Parteiausschlüssen mit der Mitarbeit in der Roten Hilfe begründet. So wurde im
Mai 1926 dem Arbeiter Adolf Bobsin das SPD-Parteibuch
entzogen, weil er Vorsitzender der Roten Hilfe in München war.[45] Im
Frühjahr 1927 schloss der Parteivorstand den 65-jährigen Detmolder Metallarbeiter
Ferdinand Schreck, der dem Reichsausschuss der SPD angehört hatte, nach
30jähriger Parteimitgliedschaft aufgrund seiner Funktionärstätigkeit für die
Rote Hilfe aus der SPD aus.[46]
Wie stark die Einschüchterung durch die SPD-Führung wirkte,
zeigt das Beispiel des SPD-Ortsvereins Zorge am Harz,
der 1927 140 Mark Prozesskostenhilfe an die Rote Hilfe zurückschickte. Man habe
das Geld „in Unkenntnis der Tatsache, dass die Rote Hilfe eine rein
kommunistische Einrichtung“ sei, entgegengenommen und könne es mit der
„Parteiehre“ nicht vereinbaren, sich von der Roten Hilfe unterstützen zu
lassen. Die Zorgener Sozialdemokraten waren 1924
zusammen mit Kommunisten wegen Landfriedensbruch angeklagt worden. Da die SPD
ihnen die Unterstützung verweigert hatte, war die Rote Hilfe eingesprungen.[47]
Eine Umfrage der Roten Hilfe unter SPD-Mitgliedern soll
ergeben haben, dass sich viele von ihnen durch die Ausschlussdrohungen
eingeschüchtert fühlten, obwohl sie gerne in der Roten Hilfe mitgearbeitet
hätten.[48]
Einige prominente Sozialdemokraten, die dem linken Parteiflügel angehörten, wie
Paul Levi und Kurt Rosenfeld, ließen sich allerdings nicht davon abzuschrecken,
als Rechtsanwälte mit der Roten Hilfe zu kooperieren. Auch innerhalb der auf
Initiative der Roten Hilfe im Dezember 1929 gegründeten Internationalen
Juristischen Vereinigung (IJV), die sich dem „Klassenkampf auf juristischem
Gebiet“[49]
widmete, wirkten SPD-Mitglieder wie Rechtsanwalt Ludwig Bendix, Justizkritiker
Emil Julius Gumbel und Sexualwissenschaftler Magnus Hirschfeld eng mit
Kommunisten wie dem Rechtswissenschaftler Felix Halle und der Rechtsanwältin
Hilde Benjamin, aber auch mit dem liberalen „Staranwalt“ Alfred Apfel zusammen.[50] Den
sozialdemokratischen „Vorwärts“ hinderte dies nicht daran, die IJV als „eine
rein kommunistische Einrichtung“ zu brandmarken, eine Einschätzung, auf die
sich der Berliner Staatsschutz bei der Observation der linken Juristen
ausdrücklich berief. [51]
Das Verhältnis zwischen der SPD-Führung und der Roten Hilfe
wurde auch durch die Gründung des Matteotti-Fonds der
Sozialistischen Arbeiterinternationale (SAI) im April 1926 belastet.[52]
Benannt war der „Internationale Hilfsfonds für die Arbeiterbewegung in den
Ländern ohne Demokratie“ nach dem von Faschisten ermordeten italienischen
sozialistischen Parlamentsabgeordneten Giacomo Matteotti.
Zu den „Ländern ohne Demokratie“ zählte die SAI auch die Sowjetunion, so dass
russische Menschewiki und Sozialrevolutionäre mit Mitteln des Matteotti-Fonds unterstützt wurden.[53] Für
die Rote Hilfe war dies der offene Beweis für den „konterrevolutionären“
Charakter des Matteotti-Fonds, in dem sie ein gegen
ihre eigene Organisation gerichtetes Spaltungsmanöver der Sozialdemokratie sah.[54]
In ihrer Propaganda übernahm die Rote Hilfe Ende der 1920er Jahre die verhängnisvolle Sozialfaschismus-These der Komintern. Die SPD wurde in der Broschüre „Fünf Jahre RHD“ noch unter dem Eindruck der blutigen Berliner Maiunruhen von 1929 als „offen faschistische Schutztruppe des deutschen Kapitals“ tituliert.[55]
„Die Braun-Severing-Regierung ist
die am stärksten treibende Kraft für die Durchführung der unerhörtesten
faschistischen Terrormaßnahmen gegen das um seine Existenz ringende werktätige
Volk“[56],
begründete der Zentralvorstand der Roten Hilfe 1931 seine Unterstützung für den
„roten Volksentscheid“, jenem tragischen Versuch, die sozialdemokratische
Preußen-Regierung in einem von den Rechtsparteien initiierten Volksentscheid zu
stürzen. Dieser Politik wollten viele Mitglieder der Roten Hilfe nicht folgen,
so dass der Zentralvorstand „einige vorhandene Hemmungen in der Mitgliedschaft“
bemängelte.[57]
In der Konzeption der KPD kam der Roten Hilfe Anfang der
1930er Jahre die Aufgabe einer „Brücke zur Roten Einheitsfront“[58] zu.
Wo es möglich war, leistete die Rote Hilfe daher demonstrativ Rechtshilfe für
Sozialdemokraten, die nach Auseinandersetzungen mit der SA wegen
Landfriedensbruchs oder Aufruhrs vor Gericht standen. Wenn die
Reichsbannermänner selber zu den Angreifern gehört oder sich gemeinsam mit
Kommunisten gegen die SA gewehrt hatten, verweigerte die SPD ihnen in der Regel
die Unterstützung. Rote-Hilfe-Anwälte verteidigten deshalb im Jahr 1931 80
Reichsbanner- und SPD-Mitglieder in 27 Prozessen und bis Anfang Dezember 1932
weitere 185 SPD-, SAJ- und Reichsbannermitglieder in 36 Prozessen.[59] Eine
Statistik des Zentralvorstandes beweist allerdings, dass unter den
Rechtsschutzfällen der Roten Hilfe Sozialdemokraten nur etwas mehr als ein
Prozent ausmachten und damit eine ähnlich verschwindende Minderheit blieben,
wie Sozialdemokraten, die der Hilfsorganisation beitraten.[60]
Als Reaktion auf die steigende Zahl angeklagter
Sozialdemokraten, wohl aber auch auf die propagandistische Ausschlachtung der
von der Rote Hilfe gewährten Rechtshilfe für Sozialdemokraten, gab die SPD im
Oktober 1932 die Gründung einer eigenen „Gefangenen- und Verwundeten-Hilfe“ für
die Mitglieder sozialdemokratischer Organisationen bekannt.[61]
Fälle, in denen die „roten Einheitsfront“ realisiert wurde,
popularisierte die Rote Hilfe in ihrem Funktionärsblatt Roter Block.
Rote Helfer hatten in Berlin-Schöneberg eine Häuserblockversammlung einberufen,
nachdem ein Nationalsozialist am 10. Juli 1932 einen Reichsbannermann mit der
Schusswaffe verletzt hatte. Ein Drittel der 150 Teilnehmer waren
Sozialdemokraten, die mit ihren Abzeichen erschienen. An einer anschließend
gebildeten Schutzstaffel von 48 Mann beteiligten sich dagegen nur drei
Reichsbannermitglieder.
Ebenfalls im Juli 1932 organisierte die Rote Hilfe in Berlin
eine Einheitsfrontkundgebung mit fast 2.000 Teilnehmern. Vor und nach der
Kundgebung fanden Demonstrationen statt, an denen sich das Reichsbanner mit
einer Marschkapelle, das ADGB-Ortskartell sowie Anhänger anderer
sozialdemokratisch geführter Organisationen beteiligten.
Aus Stralsund kam die Meldung, dass sich an einer
Demonstration der Roten Hilfe gegen Faschismus und Klassenjustiz mit 1.500
Teilnehmern zur Hälfte Sozialdemokraten sowie Reichsbannerarbeiter, Freie
Turner und SAJ-Mitglieder in Uniform mit Abzeichen beteiligten. Als ein
sozialdemokratischer Landrat versuchte, die Reichsbannerarbeiter von der
Demonstration abzuhalten, hätten einige von ihnen empört ihre Abzeichen
abgerissen und auf die Erde geschmissen.[62]
Diese Beispiele zeigen, dass die Basis der
sozialdemokratischen Organisationen unter dem Eindruck zunehmenden Nazi-Terrors
stellenweise zu gemeinsamen Abwehraktionen mit Kommunisten bereit war, vor
allem, wenn diese unter der Fahne der Roten Hilfe auftraten. Die Zusammenarbeit
beschränkte sich aber in der Regel auf die Teilnahme an Demonstrationen und
Versammlungen. Die Nachricht, dass sich ein Reichsbannerführer und zwölf seiner
Leute im ostfriesischen Leer der Roten Hilfe anschlossen, blieb ebenso eine
Ausnahme, wie der in der Roten Fahne veröffentlichte Appell zur
parteiübergreifenden antifaschistischen Aktion von 13 sozialdemokratischen
Roten Helfern aus Mecklenburg.[63]
Rätekommunisten und Anarchisten
An der Gründung der ersten Rote-Hilfe-Komitees nach dem
Mitteldeutschen Aufstand 1921 war noch die rätekommunistische Kommunistische
Arbeiterpartei Deutschlands beteiligt.[64] Das
Zentralkomitee und die Gaukomitees der Roten Hilfe wurden paritätisch durch je
drei Mitglieder der beiden kommunistischen Parteien besetzt. Ein Mitglied der
KAPD vertrat dabei zugleich die Allgemeine Arbeiter-Union.[65] Doch
schon Ende Juni 1921 zogen sich beide Organisationen aus der Roten Hilfe zurück
und beschlossen, eine eigene Unterstützungskommission aufzubauen.[66] Der
Aufbau dieser Hilfsorganisation für „alle Revolutionäre, die sich im Kampf des
revolutionären Proletariats gegen das Kapital in Wort, Schrift oder Tat zur
Fortführung der proletarischen Revolution mit dem Endziel der Diktatur des
Proletariats, nach bürgerlichen Begriffen, vergangen haben,“[67]
verlief allerdings nur schleppend. Sie versorgte in den folgenden Jahren nur
einige Dutzend inhaftierte oder untergetauchte KAPD-Anhänger und Syndikalisten.
Das Verhältnis von Anarchisten und Anarchosyndikalisten
gegenüber der Roten Hilfe reichte von völliger Ablehnung bis zum kollektiven
Beitritt. Insbesondere der bekannte anarchistische Dichter und Aktivist der
Münchner Räterepublik Erich Mühsam gehörte nach seiner Freilassung aus der
Festungshaft im bayerischen Niederschönenfeld im Dezember 1924 zu den
vehementen Befürwortern einer Mitarbeit von Anarchisten in der Roten Hilfe. Den
7000 „Klassengenossen“, „die in den deutschen Menschenkäfigen zurückbleiben
mussten, denen, die zum Nachfüllen der leer gewordenen Zellen weiterhin die
Opfer der politischen Justiz sein würden“, gelobte Mühsam seine ganze Arbeit
und Energie.[68] Damit wollte sich Mühsam
für die Unterstützung während seiner Haftzeit bedanken. In der Roten Hilfe mit
ihrem überparteilichen Anspruch erblickte Mühsam zudem die Chance zur
Verwirklichung einer „Einheitsfront des revolutionären Proletariats“, die alle
Strömungen von der KPD bis zu den Vereinigungen kommunistischer Anarchisten
umfassen sollte.[69]
Mühsams Engagement für die Rote Hilfe rief
den Widerstand anderer anarchistischer und syndikalistischer Gruppen hervor.
Eine Versammlung der Union Anarchistischer Vereine Berlins und Umgebung
beschloss am 15. Oktober 1925 seinen Ausschluss aus der Föderation
Kommunistischer Anarchisten Deutschlands.[70] In
einer Resolution wurde Mühsam vorgeworfen, sich für seine Rote-Hilfe-Aktivität
bezahlen zu lassen „und damit indirekt für seine Tätigkeit gegen die
Anarchisten und die anarchistische Bewegung“.[71] Die
Rote Hilfe sei ebenso wenig eine überparteiliche Organisation wie der Rote
Frontkämpferbund. Auch der junge Herbert Wehner, dessen Dresdner
Anarchistisch-Syndikalistischer Jugendverband von Mühsam für den kollektiven
Beitritt zur Roten Hilfe gewonnen worden war, musste die Syndikalistische
Arbeiterföderation verlassen, weil diese in ihrer Satzung die Mitgliedschaft in
der Roten Hilfe verbot.[72] Der
größte Zusammenschluss deutscher Anarcho-Syndikalisten, die FAUD[73]
lehnte ebenfalls jede Zusammenarbeit mit der Roten Hilfe ab, da „die
Internationale Rote Hilfe nicht nur den Zweck verfolge[n], Solidarität zu üben,
sondern hauptsächlich Propaganda für die kommunistische Partei zu machen, die
das Ziel verfolgt, das Proletariat unter das Joch der Parteidiktatur zu
bringen.“[74] Kleinere anarchistische
Zirkel wie die Anarchistische Vereinigung Berlin und die Anarchistische
Tatgemeinschaft Dresden beteiligten sich dagegen mit Protestschreiben und Unterschriften
an Kampagnen der Roten Hilfe, etwa zur Rettung revolutionärer Gefangener in
Polen 1926 und für eine Reichsamnestie 1928.[75]
Erich Mühsam trat nach seiner Haftentlassung als unentwegter
Wanderredner auf Dutzenden von Kundgebungen der Roten Hilfe auf.[76]
Besonders gefeiert wurde er als Referent über den Strafvollzug in Bayern auf
der Ersten Reichstagung der Roten Hilfe Deutschlands.[77] Mit
einer Gesamtauflage von 45.000 Exemplaren war die für die Rote Hilfe verfasste
Broschüre „Gerechtigkeit für Max Hoelz“ Mühsams größter Bucherfolg überhaupt.[78] Hoelz, der jenseits jeglicher Parteidisziplin während des
Kapp-Putsches und später während des Mitteldeutschen Aufstandes die
revolutionäre Initiative ergriffen hatte und aufgrund eines Justizkomplotts für
einen nicht begangenen Mord an einem Gutsbesitzer zu langjähriger Haftstrafe
verurteilt worden war, entsprach völlig Mühsams Ideal
von einem Revolutionär.
Ein Streitpunkt, der von Anarchisten und Linkskommunisten
ebenso wie von Sozialdemokraten immer wieder ins Felde
geführt wurde, war die Situation politischer Gefangener in der Sowjetunion. Die
Rote Hilfe vertrat den Standpunkt, dass sich in den sowjetrussischen
„Gefangenen- und Konzentrationslagern“ nur 1.500 politische Gefangene befänden,
die „durchwegs keine Arbeiter“ seien und während des Bürgerkrieges versucht
hätten, der „Konterrevolution zum Siege zu verhelfen“ – so ein Artikel der
Internationalen Roten Hilfe, der im September 1924 in der Roten Fahne gedruckt
wurde.[79] Die
russischen Gefängnisse seien keine Stätten der Ausbeutung mehr. „Hier wird
nicht gestraft, sondern hier werden jene Proletarier, die unsozial gehandelt
haben, in tarifmäßig entlohnter Arbeit in die sozialistische Gesellschaft
eingegliedert, zu Mitarbeiten am sozialistischen Aufbau erzogen; hier werden
die Ungebildeten geschult“[80],
lobte das Tribunal 1930 den Strafvollzug unter Stalin zu einer Zeit, als
Tausende von politischen Gefangenen, darunter auch oppositionelle Kommunisten,
zur Zwangsarbeit in die Arbeitslager des Archipel GULAG verschickt worden
waren, und viele von ihnen dort umkamen.
Für Erich Mühsam war es kein Problem, neben seiner Agitation
für die Rote Hilfe die Spalten seines Fanal den Hilfsaktionen für
politische Gefangene in der Sowjetunion zu öffnen, und die Rote Hilfe tolerierte
das Wirken ihres prominenten Mitgliedes in dieser Richtung, solange er mit
seiner Forderung nach Freilassung der russischen Gefangenen nicht innerhalb der
Organisation agitierte.[81] Als
Mühsam allerdings als Delegierter auf der Bezirkskonferenz der RHD
Berlin-Brandenburg-Lausitz am 24. April 1927 die Forderung vertrat, die Rote
Hilfe habe sich für eine Amnestie der linksrevolutionären Gefangenen und
Verbannten Russlands einzusetzen, führte dies nach einem heftigen Disput mit
Wilhelm Pieck dazu, „dass von meiner agitatorischen Mitwirkung keinerlei
Gebrauch mehr gemacht wurde“, wie der Dichter lapidar erklärte.[82] Im
Januar 1929 trat Mühsam endgültig aus der Roten Hilfe aus, da die Dominanz der
KPD für ihn unerträglich wurde. Er erklärte die Überparteilichkeit der RHD für
eine „Fiktion“, der er und andere anarchistische Freunde lange angehangen
seien. In der Gefangenenhilfe strebe er allerdings weiterhin eine
„kameradschaftliche Zusammenarbeit“ mit der Roten Hilfe an.[83] Im
Gegensatz zu Erich Mühsam hatte Herbert Wehner seine anarchistische Überzeugung
hinter sich gelassen und sich 1927 der Kommunistischen Partei angeschlossen,
die ihm zum Jahreswechsel den Posten des hauptamtlichen RHD-Sekretärs für
Ostsachsen übertrug. Dies war der Beginn von Wehners rasanter Karriere in der
kommunistischen Bewegung.[84]
Erich Mühsams Frau Zenzl war im Juli 1934 nach der Ermordung ihres Mannes
durch die SS auf persönliche Einladung der Vorsitzenden der Internationalen
Roten Hilfe Helena Stassowa in die UDSSR geflohen.
Dort schnappte die „Menschenfalle Moskau“ zu.[85]
Unter denjenigen, die die Anarchistin beschuldigen, einer „konterrevolutionären
trotzkistischen Verschwörung“ anzugehören, war auch Herbert Wehner.[86]
Obwohl sich Stassowa, mit der die Mühsams
seit 1924 persönlich befreundet waren, mehrfach für ihre Freilassung einsetzte,
wurde Zenzl Mühsam als völlig Unschuldige fast 19
Jahre in Haft und Verbannung gehalten, bis sie 1955 in die DDR ausreisen
durfte.
Häufig wird die Rote Hilfe mit der wesentlich bekannteren
Internationalen Arbeiterhilfe verwechselt. Da in weiteren Kreisen der
Arbeiterschaft und selbst in Teilen der Roten Hilfe Unklarheiten bezüglich der
Abgrenzung der Hilfsorganisationen voneinander herrschten, sah sich das Zentralkomitee
der Internationalen Rote Hilfe gezwungen, darauf hin zu weisen, „dass die
Internationale Arbeiterhilfe (IAH) eine Hilfsorganisation ist, die lediglich
wirtschaftliche Hilfeleistungen im allgemeinerem und breiterem Sinne – bei
Hungerkatastrophen oder großen Naturereignissen oder wenn große Massen des
Proletariats in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht sind – organisiert und
durchführt. Die Rote Hilfe dagegen hat ausschließlich die Aufgabe der
Unterstützung der politischen Gefangenen und Emigranten, sowie deren
notleidenden Frauen, Kindern und sonstigen Angehörigen.“[87]
Die Rote Hilfe und die anlässlich der großen Hungersnot in
der Sowjetunion 1921 gegründete IAH weisen eine Reihe von Gemeinsamkeiten auf.
Beide wurden in Deutschland zunächst in Form von einzelnen Komitees gegründet
und im Laufe des Jahres 1924 in zentralisierte Mitgliederorganisationen
umgewandelt, die wiederum Bestandteil einer internationalen Organisation waren.[88]
Allerdings verfügte die IAH über eine größere Autonomie von der KPD, die ihr
Leiter Willi Münzenberg bereits Anfang der 1920er Jahre zur Erprobung neuer
Formen der Öffentlichkeitsarbeit wie Filmen, Lichtbildvorträgen, Ausstellungen,
illustrierten Zeitungen und der Haus- und Hofagitation durch jugendliche
Singgruppen nutzte.[89] Diese
neuen Wege in der Agitation und Propaganda machte sich die Rote Hilfe
Deutschlands nach ihrer Umwandlung zur Mitgliederorganisation Ende 1924 zu eigen. Willi Münzenberg hatte zudem als erster
kommunistischer Führer die Bedeutung prominenter fellow
travellers für die Arbeiterbewegung erkannt. Ein
großer Teil der Intellektuellen, Wissenschaftler und Künstler, die Münzenberg
seit 1921 für die Russlandhilfe und die IAH gewinnen konnte, gehörte später
auch zum Unterstützerkreis der Roten Hilfe. Unter den Mitgliedern des 1924
gebildeten Reichskomitees der IAH in Deutschland befanden sich beispielsweise
Meta Kraus-Fessel, die sich im Rahmen des Kuratoriums der
Roten-Hilfe-Kinderheime engagierte, sowie der Sozialdemokrat Kurt Rosenfeld,
einer der bekanntesten Verteidiger der Roten Hilfe.[90]
In der praktischen Arbeit gab es viele Überschneidungen
zwischen IAH und RHD. Beide Organisationen warben um Spender, Einzel- und
Kollektivmitglieder in denselben proletarischen Kreisen. Um eine schädigende
Konkurrenz beim Kampf um die knappen Arbeitergroschen zu vermeiden, wiesen
Pieck im Namen der Roten Hilfe, Münzenberg im Namen der IAH im Januar 1925 in
einem gemeinsamen Rundschreiben auf die Notwendigkeit eines „freundschaftlichen
Verhältnisses“ hin. Die IAH erklärte sich bereit, für zwei Monate auf die
Werbung von Einzelmitgliedern zu verzichten, damit die Rote Hilfe die
Möglichkeit hatte, ihre Organisation zu stärken. Auf allen organisatorischen
Ebenen sollten bevollmächtigte Vertreter in den Vorstand der jeweils anderen Organisation
geschickt werden, um Differenzen zu vermeiden. So gehörte Münzenberg dem
Zentralkomitee der IRH als IAH-Vertreter an.[91]
Doch in der Realität kam es immer wieder zu Reibereien
zwischen den Hilfsorganisationen. Mit den Worten: „Wir ersuchen dringend, allen
Organisationen strenge Anweisungen zu geben, dass die Dezembersammlung für die
politischen Gefangenen nicht wieder wie im Vorjahr gestört wird,“[92]
forderte die Rote Hilfe im Jahr 1927 ein exklusives Sammelrecht. Trotz einer
entsprechenden Weisung des ZK der KPD führte die IAH Sammlungen bei
Geschäftsleuten durch und ließ in der sächsischen KPD-Zeitung Der Kämpfer
gar einen Handzettel beilegen, der die Weihnachtssammlung der Roten Hilfe für
abgesagt erklärte.[93]
Diese Eigenmächtigkeit zeigt, dass die IAH es sich offensichtlich leisten
konnte, Direktiven der Partei zu missachten.
Militante Streiks gegen die zunehmende Notlage während der
Weltwirtschaftskrise trug zu einer Annäherung der Hilfsorganisationen bei, wie
Münzenberg auf dem Weltkongress der IRH betonte: „In solchen Massenkämpfen
ergibt sich dann fast automatisch die gemeinsame Arbeit der Internationalen
Roten Hilfe und der Internationalen Arbeiterhilfe an dem gleichen
Frontabschnitt. Während die Internationale Arbeiterhilfe für die Streikenden
und ihre Familien zur Stärkung des Kampfwillens der Streikenden sammelt und
Hilfe leistet, organisiert die Internationale Rote Hilfe die Hilfe für die
politischen Opfer dieser Wirtschaftskämpfe.“[94]
Zur Kooperation der proletarischen Hilfsorganisationen trug
auch die im Oktober 1927 auf Initiative der IAH gegründete Arbeitsgemeinschaft
Sozialpolitischer Organisationen (ARSO) bei.[95]
Diesem Dachverband gehörten zunächst lediglich die KPD mit ihren Jugend- und
Frauenverbänden, die IAH, die RHD, und der Internationale Bund der Opfer des
Krieges und der Arbeit an, später wuchs der reichsweite Trägerkreis auf 14
Organisationen an. Zur Gründung der ARSO für den Bezirk Großberlin entsandten
unter anderem Erwerbslosenausschüsse, der Verband der Laubenkolonisten, der Reichsbund
deutscher Mieter und der Bund für Mutterschutz Vertreter.[96]
Die ARSO definierte sich laut Statut als „Zusammenfassung
proletarischer Organisationen auf sozialpolitischem und kulturellem Gebiet“ mit
dem Ziel des „Kampf[es] gegen die reaktionäre Sozialpolitik, Kampf[es] für die
Durchsetzung der Forderungen der Arbeiterschaft und werktätigen Schichten auf
dem Gebiete der Sozialpolitik und gegen die sich immer mehr ausbreitende
bürgerliche Wohlfahrtspflege“.[97] Die
Verbände der Freien Wohlfahrt von der Caritas über die Arbeiterwohlfahrt bis
zum Roten Kreuz wurden von der ARSO ebenso wie die staatliche Sozialpolitik als
Mittel zur Aufrechterhaltung der bürgerlichen Klassenherrschaft angegriffen.
Im Rahmen der Aufgabenteilung innerhalb der ARSO fielen der
Roten Hilfe die Arbeitsgebiete soziale Gerichtshilfe, Strafentlassenenfürsorge
und Gefangenenfürsorge zu.[98]
Innerhalb der Berliner ARSO leitete die Rote Hilfe einen Fachausschuss zur
Strafgefangenenfürsorge.[99]
Damit thematisierte die Rote Hilfe nicht mehr nur die Lage politischer
Gefangener, sondern befasste sich allgemein mit der Situation in den deutschen
Gefängnissen.
Die in der ARSO zusammengefassten Organisationen führten
gemeinsame Aktionen durch, tauschten untereinander Informationsmaterial und
Referenten über die verschiedenen Zweige der Sozialpolitik aus, veranstalteten
Vorträge und Schulungskurse und belieferten die Presse mit Material.[100]
Monatlich erschien das ARSO-Organ Proletarische Sozialpolitik, das sich
an Funktionäre der proletarischen Sozialorganisationen richtete.
Rechtswissenschaftler der Roten Hilfe wie Felix Halle und Eduard Alexander
referierten auf ARSO-Seminaren über das Republikschutzgesetz und den
Strafvollzug und veröffentlichten in der Proletarischen Sozialpolitik
Beiträge zu juristischen Fragen.[101]
Mit 25 Delegierten nahm die RHD am ARSO-Reichskongress vom
14. zum 15. Juni 1930 in Dresden teil, wo ihr Vorsitzender Wilhelm Pieck als
Hauptredner auftrat.[102]
Unter den vom Kongress verabschiedeten „Kampfforderungen der ARSO gegen die
soziale Reaktion“ umfasste ein Absatz die von der Roten Hilfe aufgestellten
Losungen zur Gefangenen- und Flüchtlingsfürsorge.[103]
In mehreren deutschen Städten gab es ARSO-Beratungsstellen,
die „von Werktätigen für Werktätige geschaffen sind und auf dem Boden des
revolutionären Klassenkampfes stehen“.[104]
„Die Hilfsmöglichkeiten dieser Beratungsstellen bestehen im Einzelfall darin,
dass sie weitgehende Ausnutzung der Gesetze, der Beschwerde- und
Berufungsmöglichkeiten anstrengen, Aufklärung über die wenigen Rechte, die den
Werktätigen in dieser Republik zustehen, Entlarvung der reaktionären Rolle der
Jugendämter usw. bieten.“[105] Von
18 Auskunft- und Beratungsstellen 1929 wuchs die Zahl allein in Berlin bis zum
Herbst 1932 auf 60 an. Die ARSO riet, Spendenbüchsen aufzustellen, da feste
Gebühren abschreckend wirken könnten.[106]
Grundsätzlich galt: „Jeder Arbeiter, der sich an eine Beratungsstelle wendet,
erhält Rat, ganz gleich, ob und wo er organisiert ist.“[107]
Die Rote Hilfe unterhielt im Rahmen der ARSO eigene
Rechtsbeartungsbüros und stellte zudem anderen ARSO-Stellen ihre Anwälte zur
Verfügung.[108] Durch die Einrichtung
spezieller Rechts- und Schuldenberatungsstellen für Mittelständler sollten
diese fester an die Spenderkreise der Roten Hilfe gebunden werden.[109]
Während die Rote Hilfe bei der Organisation von
Beratungsstellen gut mit der ARSO kooperierte, zahlte sie häufig nicht ihre
Beiträge an den Dachverband, und ihre Vertreter fehlten unentschuldigt bei der
Sitzung des ARSO-Reichsausschusses.[110]
Die Rote Hilfe war niemals überparteilich im Sinne von
partei-unabhängig oder gar unpolitisch. Die KPD kontrollierte über die
kommunistischen Fraktionen und die größtenteils aus Kommunisten
zusammengesetzten mittleren und oberen Vorstände durchgehend die Linie der
Organisation. Bis Ende der 1920er Jahre hatten nichtkommunistische Aktivisten
oder kommunistische Kritiker der jeweiligen KPD-Führung wie die Anhänger des
gestürzten Parteivorsitzenden Heinrich Brandler noch einen gewissen Spielraum,
solange sie nicht offen gegen die KPD-Führung auftraten. Im Zuge der völligen
Unterordnung der Roten Hilfe unter das Thälmannsche
ZK der KPD, die mit weitreichenden Säuberungen im Kaderapparat der Roten Hilfe
verbunden waren, wandelte sich die Rote Hilfe 1929 zur offenen Hilfstruppe der
Kommunistischen Partei. Die Überparteilichkeit der Roten Hilfe drückt sich
dagegen in ihrer zuletzt mehrheitlich nichtparteipolitisch gebundenen
Mitgliedschaft ebenso aus, wie in der juristischen und materiellen
Unterstützung, die auch Angeklagten und Gefangenen anderer Strömungen der Arbeiterbewegung wie dem Anarchisten Erich
Mühsam und dem Rätekommunisten Max Hoelz sowie Anfang
der 30er Jahre einigen Dutzend sozialdemokratischen Reichsbannerarbeitern
gewährt wurde.
Aus: Sabine Hering / Kurt Schilde (Hg.)
Die Rote Hilfe. Die Geschichte der internationalen kommunistischen “Wohlfahrtsorganisatio n” und ihrer sozialen Aktivitäten in
Deutschland (1921-1941), Leske + Budrich,
Opladen 2003,
[1] Statut der Mitgliederorganisation der Roten Hilfe Deutschlands, in: Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED (Hg.): Dokumente und Materialien zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung Band VIII: Januar 1924 – Oktober 1929, Berlin 1975, Dok. 52, 151 f.
[2] So schreibt Michael Schneider, der zu den wenigen Historikern gehört, die die Rolle der Roten Hilfe im antifaschistischen Widerstand würdigen: „Die Rote Hilfe Deutschlands (RHD) war eine der größten kommunistischen Massenorganisationen.“, Michael Schneider: Arbeiter und Arbeiterbewegung 1933 bis 1939, Bonn 1999. Zur DDR-Forschung siehe z.B. Alfred Anderle / Konrad Hecktheuer (Hg.): Proletarischer Internationalismus. Materialien einer Arbeitstagung über Rolle und Bedeutung des proletarischen Internationalismus, Berlin 1961; Gisela Jähn, / Manuela Richter u. a. (Hg.): Übt Solidarität! Revolutionäre Traditionen der Roten Hilfe Deutschlands, Berlin 1984; Günter König: Der Kampf der Roten Hilfe Deutschlands gegen die Klassenjustiz der Weimarer Republik und für die Freilassung der proletarisch-politischen Gefangenen in der Periode der Weltwirtschaftskrise, Unveröffentlichte Dissertation, Philosophische Fakultät Karl-Marx-Universität Leipzig 1967; Johannes Zelt: Proletarischer Internationalismus im Kampf um Sacco und Vanzetti. Unter besonderer Berücksichtigung der Solidaritätskampagne in Deutschland und der Tätigkeit der Internationalen Roten Hilfe, Berlin 1958; Johannes Zelt: ... und nicht vergessen - die Solidarität! Aus der Geschichte der Internationalen Roten Hilfe und der Roten Hilfe Deutschlands, Berlin 1960.
[3] RHD, Übersicht über das
II. und III. Quartal 1931, SAPMO RY1/I4/4/5 Bl.389; RHD, Bericht zur ZV-Sitzung
vom 8. und 9. Mai 1932, 110, StA
Bremen 4,65-482.
[4] Ende 1926 sollen 2046 SPD-Mitglieder in der Roten Hilfe gewesen sein. Die Entwicklung der Roten Hilfe als Massenorganisation, Sächsische Arbeiter Zeitung, 11.Mai 1927.
[5] RHD (Hg.): Ein Jahr Klassenjustiz und Rote Hilfe, Berlin 1926.
[6] RHD ZV Organisationsbericht zur ZV-Sitzung am 8. und 9.Mai 1932, 26 und 111, StA Bremen, 4,65-484.
[7] 1926 arbeiteten in den Bezirksvorständen 231 Kommunisten, vier Sozialdemokraten und 17 Parteilose. Wilhelm Pieck, Bericht über die Tätigkeit der Internationalen Roten Hilfe in der Zeit zwischen der 1. und 2. internationalen Konferenz, März 1927, SAPMO NY 4036 NL 36/602, 84. 1932 hatten die Kommunisten in den Bezirksvorständen 214 Posten, Sozialdemokraten vier, bürgerliche drei und parteilose 49. RHD ZV Organisationsbericht zur ZV-Sitzung am 8. und 9.Mai 1932, 111, StA Bremen, 4,65-484.
[8] Vgl. Annemarie Lange: Berlin in der Weimarer Republik, Berlin 1987, 815.
[9] Halbjahresbericht der Roten Hilfe Deutschlands, März – September 1924, SAPMO RY1/I4/4/6 Bl.73 f.
[10] Die Anzahl pendelte in den Jahren 1924 bis 1933 zwischen 40 und 60 %. Berechnet nach den Mitgliederzahlen von KPD und Roter Hilfe bei Hermann Weber: Die Wandlung des deutschen Kommunismus. Die Stalinisierung der KPD in der Weimarer Republik (Studienausgabe), Frankfurt am Main 1969, 362-365.
[11] Zur Arbeit der Komfraktionen in revolutionären Massenorganisationen vgl. Kurt G.P. Schuster: Der Rote Frontkämpferbund 1924-1929, Düsseldorf 1975, 104 ff.
[12] Bericht über die Verhandlungen des XI. Parteitag der Kommunistischen Partei Deutschlands, Berlin 1925, 258.
[13] Ebda., 259.
[14] Vgl. Sabine Hering / Kurt Schilde: Kampfname Ruth Fischer. Wandlungen einer deutschen Kommunistin, Frankfurt am Main 1995.
[15] Vgl. Hartmann Wunderer: Arbeitervereine und Arbeiterparteien. Kultur- und Massenorganisationen in der Arbeiterbewegung (1890-1933), Frankfurt am Main / New York 1980.
[16] Rote Hilfe Deutschlands: Sozialdemokraten, parteilose Arbeiter und die Rote Hilfe. Bericht vom 2. Reichskongreß der RHD am 21. und 22. Mai 1927 in Berlin, Berlin 1927, 8.
[17] Ebda. 9.
[18] Ebda. 54 f.
[19] Aus der politischen Resolution des ZV, Roter Block Nr.4-5, Juli/August 1931, 7.
[20] Die Plenartagung des ZV weist den Weg zur Massenarbeit, Roter Block Nr.4-5, Juli/August 1931, 3.
[21] Zum Vorgehen gegen die sogenannten „Ultralinken“ in KPD und Roter Hilfe vgl. Nikolaus Brauns: Rote Hilfe Deutschlands – Von der Münchner Frauenhilfe für politische Gefangene bis zur antifaschistischen Deutschen Volkshilfe (1919-1938), unveröffentlichte Dissertation, München 2001/02, 333 f.
[22] KPDO, Clique, 9.
[23] Informationsmaterial über die Lage in der Roten Hilfe Deutschlands, SAPMO RY1/I4/4/15 Bl.270.Wilhelm Pieck an die Mitglieder des ZV RHD, Berlin, 1.März 1929, SAPMO RY 1/I4/4/3 Bl.94; Die Rote Hilfe als Tummelplatz der Thälmann-Fraktion, Gegen den Strom Nr. 11, 16.März 1929, 7.
[24] Pressedienst Nr. 81, SAPMO RY1/I4/4/23 Bl.43; Vgl. Der Raub der Roten Hilfe, Gegen den Strom Nr. 15, 13.April 1929, 11.
[25] KPDO, Clique, 17 f.
[26] RHD ZV Organisationsbericht zur ZV Sitzung vom 30.Oktober 1932, 13, StA Bremen 4,65-484. Wunderer und König gehen von erheblich größeren Mitgliederverlusten aus. So soll die Mitgliedschaft 1929 nur noch 100.000 betragen haben und allein in diesem Jahr 30.000 Mitglieder die Organisation verlassen haben. Diese zum Teil aus Lageberichten der politischen Polizei stammenden Zahlen werden von den Darstellung des ZV nicht bekräftigt. Berücksichtigt werden muss auch, dass sicherlich ein Teil der Austritte auf die Weltwirtschaftskrise zurückzuführen ist und somit finanzielle statt politische Gründe hatte. Vgl. Wunderer, Arbeitervereine, 101; König, Kampf, 31.
[27] Vgl. Brauns, Rote Hilfe Deutschlands, 41 f.
[28] Mitteilungsblätter der IHV Nr.1, Mai 1930, 2, StA Bremen 4,65-503; Mitteilungen des LKA IA Berlin Nr.23, 1.Dezember 1930, StA Bremen 4,65-503.
[29] Dem Präsidium der IHV gehörten unter anderem Emil Julius Gumbel, Eduard Fuchs, Pfarrer Bleier, Leo Klauber, Minna Flake, Magnus Hirschfeld, Heinrich Vogeler, Paul Oestreich, Alfons Paquet, Kurt Hiller, Walter Hasenclever, Saul Friedländer (Mynona), Felix Holländer und Rudolf Leonhard an. Rundschreiben von Dr. Leo Klauber zur Werbung für den Hilfsverein für die Frauen und Kinder politischer Gefangener Berlin, 18.November 1929, SAPMO 92 C 116; Den Rote-Hilfe-Zerstörern ins Stammbuch, Gegen den Strom Nr. 51, 21.Dezember 1929.
[30] Hilfsverein für die Frauen und Kinder der politischen Gefangenen, Gegen den Strom Nr. 41, 12.Oktober 1929.
[31] Mitteilungsblätter der IHV Nr.1, Mai 1930, 2, StA Bremen 4,65-503.
[32] Mag Jurr im Zuchthaus verrecken, Gegen den Strom Nr. 6, 8.Februar 1930, 99. Jurr hatte sich der KPD-O angeschlossen.
[33] Der 1.Mai, die Rote Hilfe u. die Wahlen, Der Rote Helfer Nr.5 Mai 1928, 2.
[34] ZV RHD, Die Rote Hilfe und die Wahlen, Berlin, 31.März 1928, SAPMO RY1/I4/4/15 Bl.239.
[35] Der 1.Mai, die Rote Hilfe u. die Wahlen, Der Rote Helfer Nr.5 Mai 1928, 2.
[36] Wahlaufruf, Tribunal Nr.10, 1.September 1930, 3.
[37] Rote Hilfe und Reichstagswahl, Tribunal Nr.9, 15 August 1930.
[38] Ebenda
[39] RHD, Bericht über die Resultate der Wahlkampagne 1930, SAPMO RY1/I4/4/5 Bl.359.
[40] ZV RHD, Referentenmaterial,4.Februar 1932, SAPMO RY1/I4/4/23 Bl.227 f.
[41] Die von Seiten der Sozialdemokratie 1919 gegründete Arbeiterwohlfahrt (AWO) ist, wenn überhaupt mit der IAH zu vergleichen, weist aber auch zu dieser spezifische Abweichungen auf.
[42] Lagebericht des Staatskommissars, 27.Mai.1921, StA Bremen 4,65-470 Bl.18a; ebenso im Lagebericht der Düsseldorfer Meldestelle, 5./6. Juni 1921, StA Düsseldorf, Bestand Regierung Düsseldorf Nr.15788, Bl.16.
[43] Exekutive der IRH, Brief an Clara Zetkin, 11.Oktober 1932, SAPMO NY 4005/110 Bl.41.
[44] Was ist die Rote Hilfe?, Bremer Volkszeitung Nr.121, 27.Mai 1925.
[45] ZV RHD, Bericht für Mai 1926, Berlin, Juli 1926, BA R 3003/ORA/RG/Sammlung Rote Hilfe/23 Bl.7.
[46] Schreck aus der Sozialdemokratie ausgeschlossen, Der Rote Helfer Nr.3, März 1927, 12.
[47] Der Rote Helfer Nr.12, Dezember 1927, 11.
[48] Vgl. .Johannes Zelt: ... und nicht vergessen – die Solidarität, Aus der Geschichte der Internationalen Roten Hilfe und der Roten Hilfe Deutschlands, Berlin 1960, 67.
[49] Inprekorr Nr. 116 1929, 2719.
[50] Zur IJV vgl. Volkmar Schöneburg: Rechtswissenschaft von „unten“. Zum 60.Gründungstag der Internationalen Juristischen Vereinigung, in: Neue Justiz 12/1989, 487-490.
[51] Kommunistische Juristen. Eine Vereinigung unter falscher Flagge. Vorwärts Nr. 512, 31.Oktober 1930. Pol.Präs. Berlin IA, Bericht über die Tagung der Internationalen Juristischen Vereinigung, Berlin 10.Februar 1931, BA R 58-3305 Bl.107.
[52] Vgl. Gisela Jähn: Internationale Rote Hilfe und Internationale Solidaritätsfonds in der antifaschistischen Solidarität, in: Hallesche Studien zur Geschichte der Sozialdemokratie 17/1987, 51-52; Zelt, Solidarität, 64 ff.
[53] Vgl. Jähn, Internationale Rote Hilfe, 52.
[54] Siehe z.B. Bericht des BV der RHD Westsachsen, 19.Mai 1926, BA R 3003/ORA/RG/Sammlung Rote Hilfe/3 Bl.88. Im Vergleich zu den Summen, die von der Internationalen Roten Hilfe zur Unterstützung politischer Gefangener in aller Welt ausgegeben wurden, waren die Mittel des Matteotti-Fonds gering. Lediglich 124.518 Franken gab der Fonds zwischen 1926 und 1930 aus. Vgl. Zelt, Solidarität, 66.
[55] IRH: Fünf Jahre Internationale Rote Hilfe, Berlin 1928., 6.
[56] Im Namen der Opfer des Polizei- und Justizterrors für den Roten Volksentscheid, SAPMO RY1/I4/4/15 Bl.378.
[57] ZV
RHD, Bericht zur Zentralvorstandssitzung vom 8.und 9. Mai 1932, 4, StA Bremen 4,65-482.
[58] RHD BV Nordwest, Rundschreiben, Bremen, 30.Januar 1932, StA Bremen 4,65-481.
[59] RHD, Sozialdemokraten und faschistische Justiz, 3-5; RHD, Rechtsschutz der Roten Hilfe für SPD und Reichsbanner Angeklagte, Dezember 1932, Ba R 1507/211-6b Bl.669.
[60] Zwischen Juli 1931 und Mai 1932 waren nur 1,1% der von der Roten Hilfe mit einem Anwalt unterstützten Arbeiter Sozialdemokraten. 35% gehörten der KPD an, 25% waren parteilos, der Rest gehörte kommunistischen Nebenorganisationen an. ZV RHD, Bericht zur Zentralvorstandssitzung vom 8. und 9.Mai 1932, 69, StA Bremen, 4,65-482.
[61] Vorwärts, 24.Oktober 1932; Vgl. Jelena D. Stassowa, 14 Millionen – Die Armee der Solidarität, Berlin 1931, 34.
[62] Vgl. Rote Hilfe im Zeichen der Antifaschistischen Aktion, Roter Block Nr. 13, September 1932, 4 f.
[63] Ebda., 4; König, Kampf, 52 f; Sozialdemokratische Rote Helfer rufen zur Antifaschistischen Aktion, Rote Fahne Nr. 96, 9.Juni 1932.
[64] Geschäftsführender Hauptausschuss der KAPD an alle Ortsgruppen in den Wirtschaftsbezirken, 15.April 1921, StA Bremen 4,65-470 Bl.1.
[65] RKo, Zusammenstellung über die Organisation der Rote Hilfe, Berlin 6.Juli 1921, BA R1507/1096a Bl. 8-9; ZK Rote Hilfe, Richtlinien für die Rote Hilfe, Berlin 28.April 1921, SAPMO RY1/I4/4/15 Bl. 1.
[66]
Polizei Direktion Hamburg, Nachrichten-Stelle Nr. 48, 3.Juli 1921, StA Bremen
4,65-486 Bl.1; LAB Staatskommissar Nr. 13854/21, 3./4. Juli 1921,
StA Bremen 4,65-470 B. 30 ff.
[67] Richtlinien der VRUK der KAPD, AAU und KAJ, StA Bremen 4,65-489 Bl. 16.
[68] Der Rote Helfer 1.April 1926, 6.
[69] Vgl. Heinz Hug: Erich Mühsam - Untersuchungen zu Leben und Werk, Gütersloh 1974, 61; Hartmut Soell: Der junge Wehner. Zwischen revolutionärem Mythos und praktischer Vernunft, Stuttgart 1991, 174.
[70] Vgl. Hug, Mühsam, 168. Laut Ulrich Linse war Mühsam nach seiner Haftentlassung gar nicht mehr in die FKAD eingetreten, Vgl. Ulrich Linse: Organisierter Anarchismus im Deutschen Kaiserreich von 1871, Berlin 1969, 374.
[71] Zit. nach. Hug, Mühsam, 168.
[72] Vgl. Reinhard Müller: Die Akte Wehner. Moskau 1937 bis 1941, Reinbek bei Hamburg 1994, 47.
[73] FAUD = Freie Arbeiter Union Deutschlands
[74] Der Syndikalist Nr. 18, 1925.
[75] Siehe Solidaritätsschreiben der Syndikalistischen Arbeiter-Föderation Dresden und der Anarchistischen Tatgemeinschaft Dresden vom 2. Juli 1926 an die polnische Gesandtschaft, BA R 3003 / ORA / RG / Sammlung Rote Hilfe / 4 Bl .14 f.. Vgl. Soell, Wehner, 218; Fanal Nr. 2, November 1926, Beilage Kuratorium für die Kinderheime, Fanal Nr. 6, März 1927, 81-87; Die Rote Hilfe, Fanal Nr. 8, Mai 1927, 118-122.
[76] Siehe Bericht über Amnestiekundgebung in Berlin, Rote Fahne 1.Januar 1925.
[77] Resolutionen der Reichstagung Rote Hilfe Deutschlands am 17.Mai 1925, SAPMO RY1/I4/4/1 Bl. 119.
[78] Vgl. Chris Hirte: Erich Mühsam - „Ihr seht mich nicht feige“. Biographie, Berlin 1985, 387.
[79] Gegen den Weißen Terror!, Rote Fahne 26. September 1924.
[80] Tribunal 6, 15.Juli 1930, 19.
[81] Fanal Nr. 4, Januar 1927, Rückumschlag, Innenseite; siehe auch Fanal Nr. 4, Januar 1928, 96.
[82] Fanal Nr. 5, Februar 1929, 120; Vgl. Hirte, Mühsam, 374.
[83] Fanal Nr. 5, Februar 1929, 119.
[84] Vgl. Müller, Akte Wehner, 48 f.
[85] Reinhard Müller:
Menschenfalle Moskau. Hamburger Edition, Hamburg 2001.
[86] Ebda. 280.
[87] Bulletin des ZK der IRH, Nr. 1 Mai 1924, 4.
[88] Die RHD war aus Sicherheitsgründen keine offizielle Sektion der IRH. Mitglieder der RHD wie Wilhelm Pieck und Clara Zetkin gehörten aber der Führung der IRH an und die RHD wurde von Seiten der IRH – wie auch der Polizei – immer wie eine offizielle Sektion behandelt.
[89] Vgl. Willi Münzenberg: Fünf Jahre Internationale Arbeiterhilfe, Berlin 1926, 43.
[90] Ebda., 25.
[91] Rundschreiben des ZK RHD, ZK IAH und Reichsvorstand des Bundes der Freunde der IAH, Berlin, Januar 1925, SAPMO RY1/I4/4/15 Bl.123.
[92] Reichsfraktionsleitung der Kommunisten in der RHD an ZK KPD, Sammlungen im 2.Halbjahr 1927, Berlin 27.August 1927, SAPMO RY1/I4/4/26 Bl.3.
[93] Reichsfraktionsleitung der Kommunisten in der RHD an die Bezirksfraktionsleitungen der Kommunisten in der RH, betr. IAH, Berlin, 26.November 1927, SAPMO RY1/I4/4/26 Bl.10-13.
[94] Willi Münzenberg, Für die Kampfgemeinschaft aller revolutionären Organisationen - für den MOPR-Weltkongress, Inprekorr Nr.89, 27.Oktober 1932, 2858.
[95] Zur Geschichte der ARSO vgl Clemens Klockner: Die Arbeitsgemeinschaft sozialpolitischer Organisationen (ARSO) in der Weimarer Republik, in: C. Klockner: Proletarische Sozialpolitik 1928, Darmstadt 1987, 1-14; Elfriede Fölster: Die Arbeitsgemeinschaft sozialpolitischer Organisationen (Arso) von 1927 – 1929. Zur Geschichte der Sozialpolitik der KPD, in: BzG 2/1978, 223-236.
[96] So hatten zur Gründungskonferenz der ARSO für den Bezirk Großberlin am 8.Juli 50 Organisationen insgesamt 632 Delegierte entsandt. Darunter waren die IAH mit 105 Delegierten, die Rote Hilfe mit 77 Delegierten, der Internationale Bund mit 44 Delegierten und der Verband sozialistischer Ärzte mit 15 Delegierten sowie der Erwerbslosenausschuss, der Zentralverband blinder Männer und Frauen, der Verband der Laubenkolonisten, der Bund Preußischer Junglehrer, der Reichsbund deutscher Mieter und der Bund für Mutterschutz; Protokoll der sozialpolitischen Konferenz der ARSO am 8.Juli Preußischer Landtag, SAPMO RY1/I4/11/5 Bl.74.
[97] Zit. nach Fölster, Arbeitsgemeinschaft, 228.
[98] Die ARSO und ihre Aufgaben, Proletarische Sozialpolitik Nr.9, September 1929, 263.
[99] Richtlinien für die Organisation der ARSO im Bezirk Berlin-Brandenburg-Lausitz-Grenzmark, 1930, SAPMO RY1/I4/11/5 Bl.47.
[100] Vgl. Wunderer, Arbeitervereine, 169.
[101] Schulungsplan der ARSO 1930, Proletarische Sozialpolitik Nr.2, Februar 1930, 63.
[102] Insgesamt gab es 309 Delegierte, von denen der IB 59 und die IAH 51 stellten, vgl. Die Ergebnisse des Reichskongresses der ARSO, Proletarische Sozialpolitik Nr.7, Juli 1930, 193.
[103] Kampfforderungen der ARSO gegen die soziale Reaktion, Proletarische Sozialpolitik Nr.7, Juli 1930, 217.
[104] Zit. nach Wunderer, Arbeitervereine, 170.
[105] Zit. ebda., 170.
[106] Rudolf Perl, Schafft Beratungsstellen, Proletarische Sozialpolitik Nr.11, November 1932, 350.
[107] Ebda., 351.
[108] Ebda., 349; Fölster, Arbeitsgemeinschaft, 233.
[109] RHD Zentralsekretariat, Richtlinien für die unmittelbaren RH-Aufgaben, 31.Dezember 1930, StA Bremen, 4,65-478.
[110] ARSO-Reichsleitung an ZV RHD, 1.Juli 1930, SAPMO RY1/I4/11/4 Bl. 121; ARSO-Reichsleitung an ZV RHD, 18.September 1930,. Die Bezirkssekretariate der RHD sollten monatlich fünf Mark an die ARSO-Bezirksleitungen zahlen und der ZV 100 an die ARSO-Reichsleitung; Sepp Miller, Zentralbüro RHD, an ARSO-Reichsleitung, 30.Januar 1931, SAPMO RY1/I4/11/4 Bl. 74.